Offener Brief aus Sachsen und Thüringen an Karl Lauterbach: Für eine Pflege in Würde — für eine Pflege-Vollversicherung!

Im Rah­men der SPD-Spre­cher­kon­fe­renz von Bund, Län­dern und Euro­pa, die heu­te in Ber­lin beginnt, hat die gesund­heits­po­li­ti­sche Spre­che­rin der SPD-Frak­ti­on im Thü­rin­ger Land­tag, Dr. Cor­ne­lia Klisch auch im Namen der säch­si­schen gesund­heits­po­li­ti­schen Spre­che­rin aus Sach­sen, Simo­ne Lang, einen offe­nen Brief an den Bun­des­ge­sund­heits­mi­ni­ster Dr. Karl Lau­ter­bach überreicht.

Dar­in for­dern die Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin­nen eine schnel­le Umset­zung einer Pfle­ge-Voll­ver­si­che­rung durch die Bun­des­re­gie­rung, da Pfle­ge­be­dürf­ti­ge und deren Ange­hö­ri­gen zuneh­mend mit nicht mehr zu stem­men­de Pfle­ge­ko­sten per­sön­lich kon­fron­tiert wer­den. Die­ses Pro­blem trifft Thü­rin­gen und Ost­deutsch­land auch des­halb so hart, weil vie­le neben ihrer gesetz­li­chen Ren­te über kei­ne nen­nens­wer­te beruf­li­che oder pri­va­te Alters­vor­sor­ge verfügen.

Der offe­ne Brief von Simo­ne Lang und Dr. Cor­ne­lia Klisch im Wort­laut (Erfurt, 26.06.2023)

Sehr geehr­ter Herr Bun­des­mi­ni­ster Dr. Lauterbach,

Lie­ber Karl,

gera­de heu­te, einen Tag nach der gest­ri­gen Land­rats­wahl in Süd­thü­rin­gen mit dem bun­des­weit ersten AFD-Land­rat dis­ku­tie­ren wir in Ber­lin und Thü­rin­gen über mög­li­che Grün­de. Glaub­haf­tig­keit, Ver­läss­lich­keit, Sicher­heit und Bür­ger­nä­he der Poli­tik sind dabei immer wie­der Stich­wor­te, die in die­ser Dis­kus­si­on fal­len. Poli­tik muss für sei­ne Bür­ger das Beste geben. Und das ganz beson­ders, wenn es um Fra­gen der Daseins­vor­sor­ge wie Gesund­heit und Pfle­ge geht.

Aktu­ell explo­die­ren nicht nur in Thü­rin­gen, son­dern in ganz Deutsch­land, die Eigen­an­tei­le, die die Pfle­ge­be­dürf­ti­ge lei­sten müs­sen, um die Kosten für ihre Pfle­ge zu decken. Die Fak­ten lie­gen auf dem Tisch – und sie sind schockie­rend: Laut einer Mel­dung des Lan­des­ver­ban­des der Thü­rin­ger Pari­tät beträgt der Anteil an Sozi­al­hil­fe­emp­fän­gern in eini­gen Hei­men schon jetzt 70 Pro­zent! Bei einer Thü­rin­ger Durch­schnitts­ren­te mit 1.800 Euro, kön­nen vie­le Fami­li­en einen stark ange­stie­ge­nen Eigen­an­teil von rund 2.000 Euro im Monat sich ein­fach nicht mehr lei­sten. Die­ses Pro­blem trifft Thü­rin­gen und Ost­deutsch­land auch des­halb so hart, weil vie­le hier neben ihrer gesetz­li­chen Ren­te über kei­ne nen­nens­wer­te beruf­li­che oder pri­va­te Alters­vor­sor­ge ver­fü­gen. Doch am Ende ist es eine grund­sätz­li­che Fra­ge von Arm oder Reich.

Uns droht eine Zwei-Klas­sen-Pfle­ge im Tur­bo-Boo­ster. Vie­le Fami­li­en sind der Ver­zweif­lung nahe. Sie ste­hen vor der bedrücken­den Fra­ge, ob sie künf­tig weni­ger Pfle­ge als nötig in Anspruch neh­men– oder trotz jahr­zehn­te­lan­ger Bei­trags­zah­lung zum ersten Mal in ihrem Leben Sozi­al­hil­fe bean­tra­gen sol­len. Damit dür­fen wir uns nicht abfinden!

SPD steht für eine Pfle­ge in Wür­de. Wenn wir den Pfle­ge­be­dürf­ti­gen – aber auch den Pfle­ge­kräf­ten! – die­se Pfle­ge in Wür­de ermög­li­chen wol­len, dann brau­chen wir jetzt eine Reform der sozia­len Pfle­ge­ver­si­che­rung hin zu einer ech­ten Pfle­ge-Voll­ver­si­che­rung, die ana­log zur Kran­ken­ver­si­che­rung alle not­wen­di­gen Pfle­ge-Kosten erstattet.

Simo­ne Lang und mir ist bewusst: Erst vor weni­gen Wochen hat der Bund mit dem Pfle­ge­un­ter­stüt­zungs- und ‑Ent­la­stungs­ge­setz eini­ge Ver­bes­se­run­gen auf den Weg gebracht, um Pfle­ge­be­dürf­ti­ge davor zu bewah­ren, in die Sozi­al­hil­fe zu rutschen.

Uns ist auch bewusst, dass eine struk­tu­rel­le Reform der Pfle­ge­ver­si­che­rung ein kom­ple­xes und her­aus­for­dern­des Unter­fan­gen ist, das ein grund­sätz­li­ches Umden­ken auf der Bun­des­ebe­ne erfordert.

Zugleich sind wir fest davon über­zeugt: Die Eigen­an­tei­le für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge haben sich gera­de in den letz­ten zwei Jah­ren so dra­ma­tisch erhöht, dass wir ohne eine grund­le­gen­de Pfle­ge­re­form nicht mehr „vor die Wel­le“ der mul­ti­plen Kosten­stei­ge­run­gen kom­men wer­den. Wir haben hier ein grund­sätz­li­ches Pro­blem, dass durch die ver­schärf­te Per­so­nal­si­tua­ti­on infol­ge der Coro­na-Kri­se und die Ener­gie­preis­kri­se ver­stärkt, aber nicht allein bedingt ist. Letzt­ge­nann­te sind aber als nega­ti­ve Fak­to­ren zu den seit Jah­ren bekann­ten dro­hen­den Finan­zie­rungs­fra­gen in der Pfle­ge hin­zu­ge­kom­men, die so bei Abschluss des Koali­ti­ons­ver­tra­ges vor zwei Jah­ren noch nicht abseh­bar waren.

Lie­ber Karl,

Wenn wir wol­len, dass Pfle­ge­be­dürf­ti­ge wegen der explo­die­ren­den Kosten nicht in Scha­ren aus der Pfle­ge abge­mel­det oder Sozi­al­hil­fe­emp­fän­ger wer­den, wenn wir wol­len, dass die Kom­mu­nen nicht von der Hil­fe zur Pfle­ge über­for­dert wer­den, und wenn wir wol­len, dass jeder Ein­zel­ne, der als Beschäf­tig­ter für eine gute Pfle­ge ein­tritt auch ent­spre­chen­de Lohn- und Arbeits­be­din­gun­gen hat – wenn wir all das wol­len, dann kön­nen die von uns als SPD seit vie­len Jah­ren gefor­der­ten grund­sätz­li­chen struk­tu­rel­len Ände­run­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung, die an die tat­säch­li­chen Bedürf­nis­se der Bür­ger ange­passt sind nicht bis zur näch­sten Bun­des­wahl war­ten. Die Pfle­ge­voll­ver­si­che­rung muss jetzt kommen!

Unser sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Anspruch muss es sein, jetzt zu han­deln und für alle Pfle­ge­be­dürf­ti­gen und ihre Fami­li­en da zu sein.

Auf die Unter­stüt­zung von Simo­ne und mir und unse­ren Mit­strei­tern in Sach­sen und Thü­rin­gen– auch bei der poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung in der Ber­li­ner Ampel – kannst du dabei zählen!

Mit herz­li­chen Grüßen,

Ein Bild, das Entwurf, Zeichnung, Kinderkunst, Handschrift enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Simo­ne Lang, MdL
Vor­sit­zen­de des Peti­ti­ons­aus­schus­ses und Mit­glied im Aus­schuss für Sozia­les und Gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt im Säch­si­schen Land­tag
Säch­si­sche SPD-Spre­che­rin für Sozia­lesPfle­ge- und Gesund­heits­po­li­tik, Vor­sit­zen­de der SPD Erzgebirge

Dr. Cor­ne­lia Klisch, MdL
Thü­rin­ger SPD-Spre­che­rin für Pfle­ge und Gesund­heit
Vor­sit­zen­de des Aus­schus­ses für Sozia­les, Arbeit, Gesund­heit und Gleich­stel­lung im Thü­rin­ger Landtag

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